About PROGRESS

PROGRESS – eine Geschichte voller Geschichten

Eine große Vision treibt den Mann an, der nach mehr als zehn Jahren aus der sowjetischen Emigration in das in Trümmern liegende Deutschland zurückkehrt.

Rudolf Bernstein (1896-1977) ist eine schillernde, widersprüchliche Figur – seit 1925 hauptamtlicher Funktionär der KPD mit jüdischer Herkunft und Geheimdienstoffizier des NKWD. Sein Ziel: Mit Filmen für Information, Aufklärung und gute Unterhaltung in der noch jungen DDR zu sorgen.

Sein Partner bei diesem Unternehmen ist Georgi Nikolajewitsch Nikolajew, der später Direktor der „Lenfilm“ wird. Zusammen legen sie den Grundstein für eine außergewöhnliche Unternehmung, die später – nach dem Mauerfall – eine europäische Institution ist.

PROGRESS – der Name klingt nicht nur nach Fortschritt. Der soll auch mit jedem Film soll ins Kino gelangen. Damit beginnt die Erfolgsgeschichte eines Filmverleihs, der das DDR-Kinopublikum von nun an mit DEFA-Produktionen und Filmen von beiden Seiten des Eisernen Vorhangs versorgen wird.

Leichter Anfang – großer Aufschlag

Der Hunger nach Kultur und anderen Bildern, als denen, die man täglich sieht, macht PROGRESS Film bereits 1950 zu einer Instanz. Der Anspruch, das ostdeutsche Kinopublikum wöchentlich mit neuen Filmen zu versorgen, wird erfüllt – trotz Mangelwirtschaft, einer maroden Infrastruktur und Kinos, die oft zum Teil nur notdürftig geflickte Dächer haben.

Schnell etabliert sich PROGRESS als verlässlicher Monopolist des DDR-Kinos. Als Verleiher verfolgt PROGRESS das große Ziel, nicht nur die DEFA-Filme in die Kinos zu bringen, sondern auch dem internationalen Film ein Entree im sozialistischen Staat zu gewährleisten. Rund ein Fünftel der Filme eines Jahres sind DEFA-Filme. Die übrigen Produktionen kommen aus den großen Studios des 20. Jahrhunderts.

Das Who-is-who des großen Kinos

Die Liste der von PROGRESS verliehenen Filme liest sich wie das Who-is-who des großen Kinos überhaupt. Von den berühmten frühen DEFA-Filmen "Affaire Blum", "Ehe im Schatten" oder "Der Untertan" bis hin zu den sowjetischen Monumentalfilmen "Panzerkreuzer Potemkin" oder "Iwan der Schreckliche" von Sergej Eisenstein, "Der stille Don" oder "Krieg und Frieden" zeigt PROGRESS alles, was Rang und Namen hat.

Allein 1965 kommen durch PROGRESS 20 DEFA-Produktionen in die Kinos der DDR, obwohl dies ein schwarzes Jahr in der Geschichte des DDR-Films markiert. Auf dem 11. Plenum des Zentralkomitees der SED, das einen zentralen Bruch in der Kulturpolitik der DDR markiert, wird ein großer Teil der aktuellen DEFA-Produktionen verboten und verbannt. Viele dieser Filme erblicken erst nach dem Mauerfall dank PROGRESS das Licht der Welt.

Auch wenn die DDR heute ein Land ist, das von der Weltkarte verschwunden ist – in 550 DEFA-Spielfilmen wie "Berlin – Ecke Schönhauser", "Spur der Steine", "Die Legende von Paul und Paula", "Solo Sunny" oder "Coming out", 150 Kinderfilmen wie dem Megaseller "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel", 750 Animationsfilmen sowie 2.250 Dokumentar- und Kurzfilmen wie dem Langzeitprojekt "Die Kinder von Golzow" lebt es weiter.

Cinema international in der DDR

Neben den vielen wichtigen, zum Teil auch international beachteten DEFA-Produktionen sorgt PROGRESS dafür, dass das Kinopublikum internationale Produktionen zu sehen bekommt.

Von Rostock bis Pirna – von Frankfurt an der Oder bis Halberstadt kommen Filme wie Billy Wilders "Zeugin der Anklage" und "Manche mögen’s heiß" genauso in die Kinos wie Viscontis "Rocco und seine Brüder" oder die US-Produktionen "Cabaret", "Die Farbe Lila", "Ragtime" oder das mit sieben Oscar gekrönte Sehnsuchtsepos "Jenseits von Afrika".

Aber auch eine westdeutsche Komödie wie "Loriots Ödipussi" oder Louis Malles melancholischer Film "Auf Wiedersehen, Kinder" finden mit PROGRESS ihren Weg ins DDR-Kino und damit zu ihrem Publikum.

Der Vergangenheit gehört die Zukunft

Nach dem Mauerfall wurde PROGRESS privatisiert und wechselte danach mehrfach den Besitzer. Der DEFA-Bestand von PROGRESS ist die einzige Filmkollektion der Welt, in der das gesamte Kinoerbe eines Landes – das es zudem nicht mehr gibt – geschlossen in einer Sammlung erhalten ist.

Seit April 2019 digitalisiert und erschließt PROGRESS in Zusammenarbeit mit der DEFA-Stiftung den Gesamtbestand der DEFA sowie weiterer Archive. Mit PROGRESS Professional gibt es einen Ausschnittdienst, der viele TV- und Kino-Produktionen sowie Ausstellungen mit zeitgeschichtlich wertvollem Filmmaterial beliefert. Alle PROGRESS-Geschäftsfelder eint vor allem der Anspruch, ein kulturelles, historisches und cineastisches Gedächtnis, Archiv und damit ein Kulturerbe zu sein.

Im Archiv von PROGRESS finden sich viele Teile unser aller Leben, ob als fiktionale Geschichte, in der wir unser eigenes Bewusstsein entdecken können, oder aber die nationale Geschichte, die im Osten wie auch im Westen das Leben über Generationen bis heute beeinflusst. Es sind die berühmten Narrative, die sich aus diesen Geschichten ableiten lassen und sie zu einer allgemeingültigen Geschichtsbetrachtung einer Epoche machen.